Rückfall bei Spielsucht – Prävention, Warnsignale und richtiger Umgang
Rückfälle gehören zur Genesung von Spielsucht dazu. Erfahren Sie, wie Sie Rückfälle verhindern, Warnsignale erkennen und im Ernstfall richtig reagieren.

Der Weg aus der Spielsucht ist selten geradlinig. Viele Menschen, die erfolgreich eine Therapie absolviert haben oder längere Zeit abstinent waren, erleben einen Rückfall. Die Angst davor kann lähmend sein, und wenn er eintritt, fühlt sich das wie ein komplettes Versagen an. Doch die Realität sieht anders aus: Rückfälle sind ein normaler Bestandteil des Genesungsprozesses bei Suchterkrankungen.
In diesem umfassenden Ratgeber erfahren Sie, warum Rückfälle passieren, wie Sie die Warnsignale frühzeitig erkennen, welche Präventionsstrategien wirklich funktionieren und wie Sie im Ernstfall richtig reagieren. Verstehen Sie: Ein Rückfall ist kein Endpunkt, sondern kann ein wichtiger Lernschritt auf Ihrem Weg zu dauerhafter Abstinenz sein.
Was ist ein Rückfall bei Spielsucht?
Ein Rückfall bei Spielsucht bedeutet, dass eine Person nach einer Phase der Abstinenz wieder mit dem Glücksspiel beginnt. Dabei unterscheiden Experten zwischen verschiedenen Formen:
Ausrutscher versus vollständiger Rückfall
Ausrutscher (Lapse):
- Einmaliges oder kurzzeitiges Spielen
- Wird schnell gestoppt
- Person erkennt den Fehler und aktiviert Hilfe
- Kein Zurückfallen in alte Verhaltensmuster
Vollständiger Rückfall (Relapse):
- Wiederaufnahme des problematischen Spielverhaltens
- Über mehrere Tage oder Wochen
- Alte Verhaltensmuster kehren zurück
- Kontrollverlust wie vor der Abstinenz
Wichtig zu verstehen: Ein Ausrutscher muss nicht automatisch zu einem vollständigen Rückfall führen. Wie Sie in den ersten Stunden und Tagen reagieren, entscheidet über den weiteren Verlauf.
Emotionaler Rückfall
Bevor es zum tatsächlichen Spielen kommt, gibt es oft einen emotionalen Rückfall:
- Vernachlässigung der Selbstfürsorge
- Isolation von Unterstützungssystemen
- Negative Gedankenmuster kehren zurück
- Emotionale Instabilität nimmt zu
- Alte Bewältigungsstrategien werden aufgegeben
Dieser emotionale Rückfall ist ein kritisches Frühwarnsignal – und der ideale Zeitpunkt zum Gegensteuern.
Mentaler Rückfall
Zwischen dem emotionalen und dem tatsächlichen Rückfall liegt der mentale Rückfall:
- Gedanken ans Glücksspiel kehren zurück
- Verklärung früherer Gewinne
- Fantasien über kontrolliertes Spielen
- Innerer Kampf zwischen “Ja” und “Nein”
- Planung von Spielsituationen
In dieser Phase ist die Person noch nicht rückfällig, bewegt sich aber gefährlich nah an die Grenze.
Warum kommt es zu Rückfällen? Die wichtigsten Ursachen
Rückfälle passieren nicht zufällig. Sie haben meist identifizierbare Ursachen:
1. Das Suchtgedächtnis
Das Gehirn vergisst nie vollständig, was es einmal gelernt hat. Bei Spielsucht wurden über lange Zeit neuronale Verbindungen zwischen Glücksspiel und Belohnung aufgebaut. Diese bleiben auch nach Jahren der Abstinenz erhalten und können durch bestimmte Reize aktiviert werden.
Was bedeutet das praktisch?
- Ein Werbeplakat kann plötzlich starkes Verlangen auslösen
- Der Weg an einer früheren Spielhalle vorbei reaktiviert alte Muster
- Bestimmte Emotionen triggern automatisch den Spielimpuls
2. Unbehandelte psychische Probleme
Viele Menschen mit Spielsucht leiden zusätzlich an:
- Depressionen
- Angststörungen
- Traumatisierungen
- Persönlichkeitsstörungen
- Anderen Suchterkrankungen
Wenn diese Grundprobleme nicht behandelt werden, bleibt das Glücksspiel als Bewältigungsstrategie attraktiv.
3. Risikosituationen und Trigger
Bestimmte Situationen erhöhen das Rückfallrisiko erheblich:
Emotionale Trigger:
- Stress und Überforderung
- Beziehungskonflikte
- Finanzielle Sorgen (paradoxerweise)
- Langeweile und Leere
- Einsamkeit
- Frustration und Wut
Situative Trigger:
- Kontakt zu früheren Spielkameraden
- Alkoholkonsum (senkt Impulskontrolle)
- Unstrukturierte freie Zeit
- Positive Ereignisse (Gehaltserhöhung, Bonus)
- Glücksspiel-Werbung
Soziale Trigger:
- Gesellschaftliche Anlässe mit Glücksspiel
- Druck durch soziales Umfeld
- Sportereignisse bei ehemaligen Sportwettern
4. Vernachlässigung der Nachsorge
Ein häufiger Fehler: Nach erfolgreicher Therapie oder einigen Monaten Abstinenz wird die Nachsorge vernachlässigt.
Typische Gedanken:
- “Ich habe es jetzt im Griff, ich brauche keine Hilfe mehr”
- “Die Selbsthilfegruppe kostet nur Zeit”
- “Ich kann das alleine schaffen”
Die Realität: Genau diese Selbstüberschätzung ist ein Hauptgrund für Rückfälle.
5. Unrealistische Erwartungen
Viele Betroffene erwarten nach der Therapie ein perfektes, problemfreies Leben. Wenn dann normale Alltagsprobleme auftauchen, führt die Enttäuschung manchmal zurück zum Glücksspiel als vermeintlichem Fluchtweg.
6. Die Abstinenz-Verletzungs-Effekt (AVE)
Ein gefährliches psychologisches Phänomen: Nach einem ersten Ausrutscher denken viele:
- “Jetzt ist es eh egal”
- “Ich habe versagt, ich kann auch weitermachen”
- “Ich werde nie davon loskommen”
Diese Schwarz-Weiß-Denke führt dazu, dass aus einem einmaligen Ausrutscher ein vollständiger Rückfall wird.
Frühwarnsignale erkennen – Die Rückfall-Ampel
Je früher Sie Warnsignale erkennen, desto leichter können Sie gegensteuern. Stellen Sie sich eine Ampel vor:
Grüne Phase – Stabile Abstinenz
Merkmale:
- Regelmäßige Teilnahme an Selbsthilfegruppe oder Nachsorge
- Aktive Auseinandersetzung mit der Sucht
- Stabile Tagesstruktur und sinnvolle Aktivitäten
- Guter Kontakt zu Bezugspersonen
- Anwendung erlernter Bewältigungsstrategien
- Finanzielle und emotionale Stabilität
- Realistische Einschätzung der eigenen Situation
Empfehlung: Halten Sie diese Strategien bei, auch wenn es gut läuft. Prävention ist leichter als Intervention.
Gelbe Phase – Erhöhtes Rückfallrisiko
Warnsignale:
Mental:
- Verklärende Gedanken ans Glücksspiel (“Es war doch auch schön”)
- Gedanken wie “einmal geht schon” oder “ich könnte es jetzt kontrollieren”
- Verharmlosung der Sucht (“So schlimm war es doch gar nicht”)
- Zunehmende gedankliche Beschäftigung mit Glücksspiel
- Interesse an Glücksspiel-Werbung oder -Nachrichten
Emotional:
- Zunehmende Gereiztheit und Unzufriedenheit
- Innere Unruhe
- Stimmungsschwankungen
- Gefühl von Leere oder Langeweile
- Nostalgie für die “Spannung” des Spielens
Verhalten:
- Seltener Teilnahme an Selbsthilfegruppe (“keine Zeit”)
- Rückzug von Bezugspersonen
- Vernachlässigung von Hobbys
- Weniger Anwendung von Bewältigungsstrategien
- Finanzielle Experimente (“nur mal schauen, wie viel Geld ich habe”)
- Annäherung an Glücksspielorte
Empfehlung: Handeln Sie jetzt! Erhöhen Sie die Frequenz von Unterstützungskontakten, aktivieren Sie Ihr Notfallnetzwerk, verstärken Sie Ihre Schutzmaßnahmen.
Rote Phase – Akute Rückfallgefahr
Alarmsignale:
- Konkretes Planen eines Spielbesuchs
- Gedanken kreisen ständig um Glücksspiel
- Aktive Suche nach Gelegenheiten
- Lügen gegenüber Bezugspersonen nehmen zu
- Isolation wird stärker
- Kontaktabbruch zu Therapeut oder Selbsthilfegruppe
- Finanzielle Vorbereitung (Geld abheben, “organisieren”)
- Besuch von Glücksspielorten “aus Versehen”
Empfehlung: Notfallmodus! Sofortige Intervention erforderlich. Aktivieren Sie alle verfügbaren Hilfsangebote.
Wirksame Strategien zur Rückfallprävention
Rückfallprävention ist kein passives Abwarten, sondern aktives Handeln. Diese Strategien haben sich bewährt:
1. Langfristige Nachsorge ernst nehmen
Warum so wichtig: Die ersten 6 bis 12 Monate nach Therapieende sind besonders kritisch. Aber auch nach Jahren kann die Rückfallgefahr noch bestehen.
Konkrete Maßnahmen:
Selbsthilfegruppen:
- Mindestens einmal wöchentlich, auch wenn es gut läuft
- Besser regelmäßig als sporadisch
- Auch nach Jahren sinnvoll (viele besuchen Gruppen lebenslang)
- Aktive Teilnahme, nicht nur passive Anwesenheit
Therapeutische Nachsorge:
- Zunächst monatliche Gespräche mit Therapeut
- Nach einem Jahr vierteljährlich
- Bei Warnsignalen Frequenz erhöhen
- Offene Kommunikation über Schwierigkeiten
Regelmäßige Check-ups:
- Selbstreflexion: Wie geht es mir wirklich?
- Ehrliche Bestandsaufnahme alle 3 Monate
- Evaluation: Funktionieren meine Strategien noch?
2. Trigger-Management optimieren
Trigger-Inventur:
Erstellen Sie eine aktuelle Liste Ihrer persönlichen Trigger:
- Welche Situationen sind riskant?
- Welche Emotionen lösen Verlangen aus?
- Welche Orte, Menschen, Zeiten sind kritisch?
Vermeidungsstrategien:
- Meiden Sie vermeidbare Trigger konsequent
- Ändern Sie Routinen (andere Wege gehen)
- Blockieren Sie Glücksspiel-Werbung digital
- Informieren Sie Ihr Umfeld über Ihre Trigger
Bewältigungsstrategien für unvermeidbare Trigger:
Wenn Trigger nicht zu vermeiden sind, brauchen Sie konkrete Bewältigungsstrategien:
Für emotionale Trigger (z.B. Stress):
- Alternative Stressbewältigung: Sport, Entspannung, Gespräche
- Achtsamkeitsübungen
- Problemlösestrategien statt Flucht
- Professionelle Hilfe bei anhaltenden Problemen
Für situative Trigger (z.B. Werbung):
- Mentale Vorbereitung (“Das wird kommen, ich habe einen Plan”)
- Sofortiger Gedankenstopp
- Alternativhandlung parat haben
- Trigger als Training sehen, nicht als Bedrohung
3. Stabiles soziales Netzwerk aufbauen
Warum so wichtig: Isolation ist einer der größten Rückfallfaktoren. Ein tragfähiges soziales Netz fängt Sie auf.
Konkrete Schritte:
Vertrauenspersonen aktivieren:
- Mindestens 2-3 Personen, die von Ihrer Sucht wissen
- Regelmäßiger Kontakt (nicht nur in Krisen)
- Erlaubnis für diese Personen, Sie zu konfrontieren
- Vereinbarung: Bei Warnsignalen dürfen sie eingreifen
Neue Sozialkontakte ohne Glücksspielbezug:
- Vereine, Kurse, Ehrenamt
- Sportgruppen, Hobbykreise
- Nachbarschaftliche Aktivitäten
- Online-Communities (spielsucht-frei)
Alte problematische Kontakte beenden:
- Konsequente Distanzierung von Spielkameraden
- Klare Kommunikation: “Ich habe damit aufgehört”
- Telefonnummern löschen, Kontakte blockieren
- Neue Freundschaften priorisieren
4. Sinnvolle Lebensgestaltung entwickeln
Das Problem der Leere: Viele Betroffene berichten: Nach dem Aufhören mit dem Glücksspiel bleibt eine Leere. Diese Leere ist gefährlich und muss gefüllt werden.
Neue Lebensinhalte aufbauen:
Berufliche Perspektive:
- Stabile Arbeit oder Ausbildung
- Klare Ziele und Entwicklungsmöglichkeiten
- Erfolgserlebnisse im Job schaffen
- Bei Problemen: Berufliche Beratung nutzen
Hobbys und Interessen:
- Mindestens 2-3 regelmäßige Aktivitäten
- Idealerweise mit sozialem Aspekt
- Sport ist besonders wertvoll (Endorphine, Gesundheit)
- Kreative Tätigkeiten als Selbstausdruck
Persönliche Entwicklung:
- Lernen und Weiterbildung
- Persönliche Ziele setzen und verfolgen
- Selbstwert aus echten Leistungen aufbauen
- Spiritualität oder Sinnfragen erkunden
Beziehungen pflegen:
- Zeit mit Familie und Freunden
- Partnerschaft aufbauen oder reparieren
- Vertrauen zu Angehörigen wiederherstellen
- Soziales Engagement
5. Finanzielle Absicherung aufrechterhalten
Warum dauerhaft wichtig: Auch nach Monaten der Abstinenz bleibt die finanzielle Kontrolle ein zentraler Schutzfaktor.
Langfristige Maßnahmen:
Externe Finanzverwaltung:
- Auch nach einem Jahr: Vertrauensperson hat Einblick
- Gemeinsame monatliche Durchsicht der Finanzen
- Bargeldlimit beibehalten
- EC-Karten-Verwaltung durch Dritte
Spielersperren aufrechterhalten:
- OASIS-Sperre nicht aufheben
- Spielhallen-Sperren regelmäßig erneuern
- Digitale Blocker nicht deinstallieren
- Selbstüberschätzung vermeiden (“Ich brauche das nicht mehr”)
Schuldenregulierung fortsetzen:
- Konsequente Tilgung vereinbarter Raten
- Keine neuen Schulden
- Erfolge sichtbar machen (Abbau-Chart)
- Bei finanziellen Erfolgen: Nicht leichtsinnig werden
6. Notfallplan aktuell halten
Ihr Notfallplan aus der Therapie oder Selbsthilfe muss regelmäßig aktualisiert werden.
Notfallplan-Checkliste:
Immer griffbereit (Karte in Geldbörse):
NOTFALLPLAN RÜCKFALL
STOPP - Ich spiele NICHT!
Sofortmaßnahmen:
1. Ortswechsel: Weg von der Versuchung
2. Anrufen: [Name] [Telefon]
3. BZgA-Hotline: 0800 1 37 27 00
4. Zu sicherem Ort: [Ihr Ort]
Ich erinnere mich:
- Warum ich aufgehört habe: [Ihr Grund]
- Was ich verloren habe: [Konkret]
- Was ich gewonnen habe: [Erfolge]
- Ein Rückfall lohnt sich NICHT
Nächste 24h:
- Selbsthilfegruppe kontaktieren
- Therapeut anrufen
- Vertrauensperson informieren Digitale Version:
- Notfallkontakte im Handy prominent speichern
- Reminder-App mit motivierenden Nachrichten
- Zugriff auf Online-Selbsthilfe-Chats
7. Achtsamkeit und Selbstbeobachtung
Tägliche Selbstreflexion:
Stellen Sie sich jeden Abend diese Fragen:
- Wie ging es mir heute emotional?
- Gab es Momente mit Spielverlangen?
- Wie habe ich darauf reagiert?
- Habe ich meine Bewältigungsstrategien angewendet?
- Gibt es Warnsignale?
Wöchentliche Bestandsaufnahme:
- Wie viele Tage war ich abstinent diese Woche?
- Was lief gut?
- Was war schwierig?
- Welche Trigger traten auf?
- Muss ich etwas anpassen?
Monatliche Evaluation:
- Nehme ich regelmäßig an Nachsorge teil?
- Funktionieren meine Schutzmaßnahmen?
- Bin ich sozial eingebunden?
- Habe ich sinnvolle Aktivitäten?
- Geht es mir insgesamt besser als vor 3 Monaten?
Was tun bei einem Rückfall? Der Krisenplan
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen kann es zu einem Rückfall kommen. Dann ist schnelles und richtiges Handeln entscheidend.
Erste 24 Stunden – Schadensbegrenzung
1. Stoppen Sie sofort (nicht “noch ein letztes Mal”):
- Verlassen Sie den Glücksspielort unverzüglich
- Loggen Sie sich aus dem Online-Casino aus
- Sperren Sie sich sofort digital (Browser-Erweiterungen)
- Geben Sie verbleibendes Geld an Vertrauensperson
2. Aktivieren Sie Ihr Notfallnetzwerk:
- Rufen Sie sofort Ihre Hauptvertrauensperson an
- Informieren Sie Ihre Selbsthilfegruppe
- Kontaktieren Sie Ihren Therapeuten (auch am Wochenende per Notfallnummer)
- BZgA-Hotline: 0800 1 37 27 00
- Telefonseelsorge bei Suizidgedanken: 0800 111 0 111
3. Gehen Sie an einen sicheren Ort:
- Weg von Versuchungen
- Zu Vertrauensperson nach Hause
- In öffentlichen Raum (Café, Bibliothek)
- Nicht allein bleiben
4. Keine Selbstverurteilung:
- Ein Rückfall ist kein moralisches Versagen
- Es ist Teil des Genesungsprozesses
- Sie sind nicht “zurück bei Null”
- Selbsthass verstärkt nur das Problem
Erste Woche – Analyse und Verstärkung
Tag 1-3: Sofortmaßnahmen verstärken:
- Täglich Kontakt zu Unterstützungspersonen
- Externe Finanzverwaltung verschärfen (kein eigener Zugang)
- Alle Spielersperren überprüfen und erneuern
- Tagesstruktur sehr eng planen (keine Lücken)
- Selbsthilfegruppe täglich besuchen, wenn möglich
Tag 3-7: Analyse und Verständnis:
Rückfall-Analyse durchführen:
- Was war der konkrete Auslöser?
- Welche Warnsignale gab es im Vorfeld?
- Warum habe ich diese ignoriert?
- Welche Schutzmaßnahmen haben versagt?
- Was kann ich daraus lernen?
Mit Therapeut besprechen:
- Detaillierte Aufarbeitung des Rückfalls
- Identifikation der Schwachstellen
- Anpassung des Therapieplans
- Eventuell Therapiefrequenz erhöhen
- Gegebenenfalls stationäre Auffrischung erwägen
Erste Monate – Neustart und Verstärkung
Schutzmaßnahmen auf Maximum:
- Engmaschigere Nachsorge (wöchentlich statt monatlich)
- Häufigere Selbsthilfegruppen-Treffen
- Eventuell zusätzliche Gruppe oder Mentor
- Finanzielle Kontrolle für mindestens 6 Monate extern
Trigger-Management neu justieren:
- Aktualisierte Trigger-Liste
- Verschärfte Vermeidungsstrategien
- Neue Bewältigungsstrategien für versagte alte
- Trigger-Exposition nur mit professioneller Begleitung
Rückfallprävention intensivieren:
- Tägliche Achtsamkeit und Reflexion
- Wöchentliche schriftliche Bestandsaufnahme
- Monatliches Gespräch mit Therapeut über Rückfallrisiko
- Frühere Warnsignale noch ernster nehmen
Langfristige Perspektive
Ein Rückfall bedeutet nicht Scheitern:
- Viele Betroffene haben mehrere Rückfälle vor dauerhafter Abstinenz
- Jeder Rückfall kann ein Lernschritt sein
- Die Abstinenzphasen werden oft länger
- Mit jedem Anlauf wird die Genesung stabiler
Aus dem Rückfall lernen:
- Welche neuen Erkenntnisse habe ich gewonnen?
- Was muss ich in Zukunft anders machen?
- Welche Schutzfaktoren haben gefehlt?
- Wie kann ich resilient bleiben?
Vergebung und Neustart:
- Vergeben Sie sich selbst
- Konzentrieren Sie sich auf das Hier und Jetzt
- Jeder Tag ist ein neuer Anfang
- Die Vergangenheit lässt sich nicht ändern, die Zukunft schon
Besondere Herausforderungen bei Rückfallprävention
Nach langer Abstinenz
Die 1-Jahr-Falle: Nach etwa einem Jahr fühlen sich viele so stabil, dass sie Schutzmaßnahmen lockern. Genau das ist gefährlich.
Langzeitabstinenz-Regeln:
- Nachsorge auch nach Jahren sinnvoll
- Spielersperren lebenslang beibehalten
- Bei Lebenskrisen Unterstützung suchen
- Selbstüberschätzung ist größter Feind
Bei mehrfachen Rückfällen
Wenn Rückfälle sich wiederholen:
- Eventuell ist ambulante Therapie nicht ausreichend
- Erwägen Sie stationäre Auffrischungstherapie
- Überprüfung auf unbehandelte Begleiterkrankungen
- Möglicherweise intensivere Nachsorge nötig
- Medikamentöse Unterstützung mit Arzt besprechen
Nicht aufgeben:
- Auch nach 5 oder 10 Rückfällen ist Genesung möglich
- Viele Erfolgsgeschichten begann nach vielen Anläufen
- Jeder Versuch bringt neue Erkenntnisse
- Professionelle Hilfe immer wieder in Anspruch nehmen
Bei Co-Abhängigkeit von Angehörigen
Problem: Manchmal tragen Angehörige unbewusst zu Rückfällen bei (Co-Abhängigkeit):
- Übermäßige Kontrolle erzeugt Druck
- Zu wenig Grenzen ermöglichen Rückfall
- Eigene unbehandelte Probleme
- Verstrickung in die Suchtdynamik
Lösung:
- Angehörige brauchen eigene Unterstützung
- Angehörigen-Selbsthilfegruppen
- Familientherapie
- Klare, gesunde Grenzen lernen
Positive Perspektive: Aus Rückfällen wachsen
So paradox es klingt: Viele Betroffene berichten, dass gerade Rückfälle zu tieferen Einsichten und stabilerer Genesung geführt haben.
Was Rückfälle lehren können
Tieferes Verständnis der eigenen Sucht:
- Welche Trigger besonders mächtig sind
- Wie das eigene Suchtgedächtnis funktioniert
- Wo die persönlichen Schwachstellen liegen
- Welche Schutzfaktoren wirklich nötig sind
Mehr Demut und Realismus:
- Akzeptanz, dass Spielsucht chronisch ist
- Verständnis für die Notwendigkeit lebenslanger Achtsamkeit
- Weniger Selbstüberschätzung
- Mehr Bereitschaft, Hilfe anzunehmen
Stärkere Motivation:
- Klarheit darüber, dass kontrolliertes Spielen unmöglich ist
- Erinnerung an das Leid der Sucht
- Verstärkter Wunsch nach dauerhafter Freiheit
- Mehr Entschlossenheit für den Weg der Abstinenz
Bessere Bewältigungsstrategien:
- Wissen, was nicht funktioniert
- Entwicklung spezifischerer Strategien
- Realistischere Einschätzung der eigenen Belastbarkeit
- Professionellerer Umgang mit Krisen
Erfolgsgeschichten nach Rückfällen
Viele Menschen, die heute seit Jahren abstinent sind, hatten zuvor mehrere Rückfälle. Diese wurden zu Wendepunkten, weil sie:
- Endlich professionelle Hilfe in Anspruch nahmen
- Erkannten, dass es alleine nicht geht
- Die zugrunde liegenden psychischen Probleme behandeln ließen
- Ihre Schutzmaßnahmen ernst nahmen
- Ein tragfähiges soziales Netzwerk aufbauten
Ein Rückfall kann der Moment sein, in dem Sie wirklich verstehen, was Sie für dauerhafte Genesung brauchen.
Häufig gestellte Fragen zu Rückfällen bei Spielsucht
Wie hoch ist das Rückfallrisiko nach einer Therapie?
Studien zeigen, dass 40 bis 60 Prozent der Behandelten innerhalb eines Jahres mindestens einen Ausrutscher erleben. Mit konsequenter Nachsorge und Selbsthilfe sinkt das Risiko deutlich. Nach fünf Jahren Abstinenz ist das Rückfallrisiko erheblich geringer, verschwindet aber nie vollständig.
Kann ich nach einem Rückfall jemals wieder abstinent werden?
Ja, absolut. Viele erfolgreiche Genesungsgeschichten beinhalten mehrere Rückfälle. Entscheidend ist, dass Sie schnell reagieren, aus dem Rückfall lernen und Ihre Strategien anpassen. Mit professioneller Unterstützung ist dauerhafte Abstinenz auch nach Rückfällen möglich.
Sollte ich meiner Familie von einem Rückfall erzählen?
Ja, Ehrlichkeit ist entscheidend für langfristige Genesung. Verschweigen führt zu Isolation und erhöht das Risiko weiterer Rückfälle. Ihre Familie kann Sie nur unterstützen, wenn sie Bescheid weiß. Wählen Sie einen ruhigen Moment und bereiten Sie das Gespräch vor.
Muss ich nach einem Rückfall wieder eine neue Therapie beginnen?
Nicht unbedingt eine neue Therapie, aber Sie sollten Ihre bestehende Nachsorge intensivieren. Kontaktieren Sie Ihren Therapeuten und besprechen Sie, ob zusätzliche Sitzungen, eine Auffrischungstherapie oder eine stationäre Krisenintervention sinnvoll sind. Die Entscheidung hängt vom Schweregrad des Rückfalls ab.
Gibt es Medikamente, die Rückfälle verhindern können?
Es gibt kein zugelassenes Medikament speziell zur Rückfallprävention bei Spielsucht. In manchen Fällen werden Opiatantagonisten wie Naltrexon eingesetzt, um das Verlangen zu reduzieren. Hauptsächlich werden Medikamente gegen Begleiterkrankungen (Depression, Angst) verschrieben, was indirekt auch das Rückfallrisiko senkt. Besprechen Sie dies mit einem Facharzt.
Wie lange bin ich nach einem Rückfall wieder “bei Tag 1”?
Sie sind nicht bei Tag 1. Die Zeit Ihrer Abstinenz und alles, was Sie gelernt haben, bleibt bestehen. Ein Rückfall bedeutet nicht, dass alle Fortschritte verloren sind. Allerdings ist es sinnvoll, in den ersten Wochen nach einem Rückfall wieder sehr wachsam zu sein und Schutzmaßnahmen zu verstärken.
Zusammenfassung: Rückfallprävention als lebenslanger Prozess
Rückfälle bei Spielsucht sind häufig, aber kein unausweichliches Schicksal. Mit den richtigen Strategien können Sie Ihr Rückfallrisiko erheblich senken und im Ernstfall richtig reagieren.
Die wichtigsten Erkenntnisse:
- Rückfälle sind bei Suchterkrankungen normal und kein Zeichen von Schwäche
- Frühwarnsignale rechtzeitig zu erkennen ist entscheidend
- Langfristige Nachsorge und Selbsthilfegruppen sind unverzichtbar
- Finanzielle Kontrollen und Spielersperren sollten dauerhaft beibehalten werden
- Ein Rückfall muss nicht zu einem vollständigen Rückfall werden
- Schnelles Handeln und Analyse sind bei Rückfällen entscheidend
- Aus Rückfällen kann man lernen und gestärkt hervorgehen
- Professionelle Hilfe sollte bei Rückfällen sofort aktiviert werden
Ihr persönlicher Rückfallpräventionsplan:
Täglich:
- Achtsamkeit für Warnsignale
- Anwendung von Bewältigungsstrategien
- Kontakt zum sozialen Netzwerk
Wöchentlich:
- Selbsthilfegruppe besuchen
- Selbstreflexion und Evaluation
- Trigger-Bewusstsein schärfen
Monatlich:
- Therapeutische Nachsorge
- Überprüfung der Schutzmaßnahmen
- Anpassung von Strategien bei Bedarf
Bei Warnsignalen:
- Sofortige Intensivierung der Unterstützung
- Aktivierung des Notfallplans
- Erhöhung der Selbsthilfegruppen-Frequenz
Bei Rückfall:
- Sofortiger Stopp weiteren Spielens
- Notfallnetzwerk aktivieren
- Analyse und Verstärkung der Maßnahmen
- Professionelle Unterstützung suchen
Denken Sie daran: Der Weg aus der Spielsucht ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Rückschläge können passieren, aber sie definieren nicht Ihren Erfolg. Entscheidend ist, dass Sie weitermachen, aus Fehlern lernen und sich immer wieder Hilfe holen.
Wenn Sie mehr über die Genesung von Spielsucht erfahren möchten, lesen Sie auch:
- Spielsucht Therapie – Welche Behandlungsmöglichkeiten helfen wirklich?
- Spielsucht Selbsthilfe – Wirksame Strategien und praktische Tipps
Wichtige Kontakte bei Rückfallgefahr:
- BZgA-Beratungshotline: 0800 1 37 27 00 (kostenlos, anonym, Mo-Do 10-22 Uhr, Fr-So 10-18 Uhr)
- Telefonseelsorge: 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 (24/7, kostenlos, anonym)
- Ihr Therapeut: [Notfallnummer]
- Ihre Selbsthilfegruppe: [Kontakt]
- Ihre Vertrauensperson: [Telefonnummer]
Sie sind nicht allein. Ein Rückfall ist keine Sackgasse, sondern kann ein Schritt auf dem Weg zu dauerhafter Freiheit von der Spielsucht sein. Holen Sie sich Hilfe, lernen Sie daraus und gehen Sie weiter. Sie schaffen das.
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