Selbsthilfegruppen bei Spielsucht – Anonyme Spieler und Genesungsgemeinschaften
Selbsthilfegruppen sind ein wichtiger Baustein der Genesung. Erfahren Sie, wie Anonyme Spieler und andere Selbsthilfegruppen funktionieren, was Sie erwartet und wie Sie die passende Gruppe finden.

Der Weg aus der Spielsucht ist selten ein Alleingang. Neben professioneller Therapie spielen Selbsthilfegruppen eine zentrale Rolle in der Genesung. Sie bieten einen geschützten Raum, in dem Betroffene sich gegenseitig verstehen, unterstützen und voneinander lernen können. Doch wie funktionieren Selbsthilfegruppen bei Spielsucht? Was erwartet Sie beim ersten Besuch? Und wie finden Sie die passende Gruppe?
In diesem Ratgeber erfahren Sie alles Wichtige über Selbsthilfegruppen für Spielsucht, insbesondere die Anonymen Spieler (Gamblers Anonymous), und wie diese Ihnen auf Ihrem Weg helfen können.
Was sind Selbsthilfegruppen bei Spielsucht?
Selbsthilfegruppen sind freiwillige Zusammenschlüsse von Menschen mit ähnlichen Problemen oder Erkrankungen. Im Fall von Spielsucht treffen sich Betroffene regelmäßig, um:
- Ihre Erfahrungen zu teilen
- Sich gegenseitig zu unterstützen
- Gemeinsam Wege aus der Sucht zu finden
- Rückfälle zu verhindern
- Langfristig spielfrei zu bleiben
Das Besondere: Selbsthilfegruppen werden nicht von professionellen Therapeuten geleitet, sondern von Betroffenen für Betroffene organisiert. Die Teilnahme ist in der Regel kostenlos, anonym und ohne Voranmeldung möglich.
Warum sind Selbsthilfegruppen so wirksam?
Die Wirksamkeit von Selbsthilfegruppen beruht auf mehreren Faktoren:
Verständnis auf Augenhöhe: Nur wer selbst betroffen ist, kann wirklich verstehen, wie sich Spielsucht anfühlt. In Selbsthilfegruppen müssen Sie sich nicht rechtfertigen oder erklären – die anderen wissen genau, wovon Sie sprechen.
Vorbilder und Hoffnung: Sie treffen Menschen, die bereits Monate oder Jahre spielfrei leben. Diese Erfolgsgeschichten machen Mut und zeigen, dass Genesung möglich ist.
Verbindlichkeit und Struktur: Regelmäßige Gruppentreffen schaffen Struktur und eine Verpflichtung, am Ball zu bleiben. Die Gruppe erwartet Sie, und das hilft, dranzubleiben.
Gegenseitige Unterstützung: In Krisenmomenten können Sie andere Gruppenmitglieder kontaktieren. Viele Gruppen tauschen Telefonnummern aus, um sich gegenseitig in schwachen Momenten zu unterstützen.
Kostenlos und niedrigschwellig: Anders als Therapien entstehen keine Kosten, es gibt keine Wartezeiten, und Sie können jederzeit einsteigen.
Anonyme Spieler (Gamblers Anonymous) – Das 12-Schritte-Programm
Die bekannteste und größte Selbsthilfeorganisation für Spielsucht sind die Anonymen Spieler (englisch: Gamblers Anonymous, kurz GA). Sie wurden 1957 in den USA nach dem Vorbild der Anonymen Alkoholiker gegründet und sind heute weltweit aktiv.
Die 12 Schritte der Anonymen Spieler
Das Herzstück der Anonymen Spieler ist ein strukturiertes 12-Schritte-Programm, das Betroffenen hilft, ihre Spielsucht zu überwinden:
- Wir gaben zu, dass wir dem Glücksspiel gegenüber machtlos sind und unser Leben nicht mehr meistern konnten.
- Wir kamen zu dem Glauben, dass eine Macht größer als wir selbst uns unsere geistige Gesundheit wiedergeben kann.
- Wir fassten den Entschluss, unseren Willen und unser Leben der Sorge dieser Macht anzuvertrauen.
- Wir machten eine gründliche und furchtlose Inventur in unserem Inneren.
- Wir gaben uns selbst, dieser Macht und einem anderen Menschen gegenüber unverhüllt unsere Fehler zu.
- Wir waren völlig bereit, diese Charakterfehler von uns nehmen zu lassen.
- Demütig baten wir darum, dass unsere Mängel von uns genommen werden.
- Wir machten eine Liste aller Personen, denen wir Schaden zugefügt hatten und wurden willig, ihn bei allen wieder gutzumachen.
- Wir machten direkt bei diesen Menschen alles wieder gut, wo immer es möglich war, außer wenn wir dadurch sie oder andere verletzten.
- Wir setzten die Inventur bei uns fort und gaben sofort zu, wenn wir Unrecht hatten.
- Wir suchten durch Gebet und Besinnung die bewusste Verbindung zu dieser Macht zu vertiefen.
- Wir versuchten, die durch diese Schritte gewonnene Botschaft an andere Spieler weiterzugeben und unser tägliches Leben nach diesen Grundsätzen auszurichten.
Wichtig: Die “höhere Macht” im 12-Schritte-Programm muss nicht religiös interpretiert werden. Viele verstehen darunter die Kraft der Gruppe, die Natur oder einfach die Erkenntnis, dass man die Sucht nicht allein bewältigen kann.
Grundprinzipien der Anonymen Spieler
- Anonymität: Ihr vollständiger Name muss nicht genannt werden. Oft stellen sich Teilnehmer nur mit Vornamen vor.
- Keine Therapie-Gruppe: Die Treffen werden von Betroffenen geleitet, nicht von Therapeuten.
- Keine Gebühren: Die Teilnahme ist kostenlos. Freiwillige Spenden für Raummiete sind möglich.
- Offene und geschlossene Treffen: Offene Treffen können auch von Angehörigen besucht werden, geschlossene nur von Betroffenen.
- Ein Tag nach dem anderen: Das Ziel ist nicht “nie wieder spielen”, sondern “heute nicht spielen” – Schritt für Schritt.
Wie läuft ein Selbsthilfegruppen-Treffen ab?
Viele Betroffene sind unsicher, was sie beim ersten Besuch erwartet. Hier ein typischer Ablauf eines Treffens bei den Anonymen Spielern:
1. Begrüßung und Eröffnung (5-10 Minuten)
Die Gruppe trifft sich in einem festen Raum (oft in Gemeindezentren, Suchtberatungsstellen oder Kirchenräumen). Nach einer kurzen Begrüßung wird das Treffen offiziell eröffnet. Oft wird eine Eröffnungslesung vorgetragen, die die Grundprinzipien der Gruppe erklärt.
2. Vorstellungsrunde (5-10 Minuten)
Reihum stellen sich die Anwesenden kurz vor: “Hallo, ich bin [Vorname], und ich bin spielsüchtig.” Neue Teilnehmer können sagen: “Ich bin heute das erste Mal hier.” Niemand muss Details erzählen, wenn er nicht möchte.
3. Thema oder Erfahrungsbericht (30-45 Minuten)
Es gibt zwei häufige Formate:
- Themenabend: Die Gruppe bespricht eines der 12 Schritte oder ein spezifisches Thema wie “Rückfallprävention” oder “Umgang mit Schulden”.
- Erfahrungsbericht: Ein Mitglied erzählt seine Geschichte – vom Beginn der Sucht über den Tiefpunkt bis zum aktuellen Stand der Genesung.
4. Offene Runde (20-30 Minuten)
Jeder, der möchte, kann etwas sagen:
- Wie geht es mir aktuell?
- Welche Herausforderungen habe ich diese Woche erlebt?
- Was hat mir geholfen, spielfrei zu bleiben?
- Wo brauche ich Unterstützung?
Wichtig: Es gibt keine Diskussionen oder Ratschläge. Jeder spricht für sich, ohne unterbrochen zu werden. Die Gruppe hört zu und bietet Verständnis.
5. Abschluss (5 Minuten)
Das Treffen endet mit einem gemeinsamen Ritual – oft einem Gebet (das auch weltlich interpretiert werden kann) oder einem gemeinsamen Motto. Anschließend bleibt oft noch Zeit für informelle Gespräche.
Gesamtdauer: Meist 90 Minuten.
Was erwartet mich beim ersten Besuch?
Der erste Gang zu einer Selbsthilfegruppe kostet Überwindung. Hier einige Tipps, um die Nervosität zu reduzieren:
Vor dem Besuch
- Keine Anmeldung nötig: Sie können einfach hingehen. Viele Gruppen haben feste Zeiten (z.B. jeden Montag um 19 Uhr).
- Kommen Sie etwas früher: So können Sie die Atmosphäre kennenlernen und vielleicht schon mit jemandem sprechen.
- Sie müssen nichts sagen: Beim ersten Mal können Sie einfach zuhören.
Beim Treffen
- Sie werden willkommen geheißen: Gruppen freuen sich über neue Mitglieder. Oft gibt es ein erfahrenes Mitglied, das sich besonders um Neulinge kümmert.
- Niemand wird Sie verurteilen: Alle in der Gruppe haben Ähnliches durchgemacht. Es gibt kein Schämen, nur Verständnis.
- Sie können jederzeit gehen: Wenn Sie sich unwohl fühlen, können Sie das Treffen jederzeit verlassen. Niemand wird Sie aufhalten.
Nach dem Treffen
- Geben Sie sich Zeit: Der erste Besuch kann emotional sein. Lassen Sie die Eindrücke nachwirken.
- Besuchen Sie mehrere Treffen: Die Dynamik kann von Treffen zu Treffen unterschiedlich sein. Geben Sie der Gruppe mindestens 3-4 Besuche, bevor Sie entscheiden, ob sie zu Ihnen passt.
- Probieren Sie verschiedene Gruppen: Wenn eine Gruppe nicht passt, gibt es oft alternative Gruppen in anderen Stadtteilen oder zu anderen Zeiten.
Welche Arten von Selbsthilfegruppen gibt es?
Neben den Anonymen Spielern gibt es weitere Formate:
1. Anonyme Spieler (GA) – Klassisches 12-Schritte-Programm
Das größte und bekannteste Angebot. Besonders geeignet, wenn Sie einen strukturierten, erprobten Ansatz suchen.
2. Freie Selbsthilfegruppen
Nicht an das 12-Schritte-Programm gebunden. Jede Gruppe gestaltet ihre Treffen individuell. Oft über Suchtberatungsstellen oder Selbsthilfekontaktstellen organisiert.
3. Klinik-Nachsorgegruppen
Manche Kliniken bieten ambulante Nachsorgegruppen für ehemalige Patienten an. Hier trifft man bekannte Gesichter aus der stationären Therapie.
4. Online-Selbsthilfegruppen
Besonders praktisch für Menschen in ländlichen Regionen oder mit Mobilitätseinschränkungen. Treffen per Videokonferenz oder in Foren.
5. Angehörigen-Gruppen (Gam-Anon)
Parallel zu den Anonymen Spielern gibt es Gam-Anon – Selbsthilfegruppen für Angehörige von Spielsüchtigen. Auch Partner, Eltern und Kinder brauchen Unterstützung und Austausch.
Wie finde ich eine Selbsthilfegruppe in meiner Nähe?
Es gibt mehrere Wege, eine passende Gruppe zu finden:
1. Anonyme Spieler Deutschland
Auf der Website der Anonymen Spieler finden Sie eine Liste aller Gruppen in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit Terminen und Adressen:
- Website: anonyme-spieler.org
- Telefonhotline: Kontaktdaten werden auf der Website bereitgestellt
2. Suchtberatungsstellen
Lokale Suchtberatungsstellen kennen die Selbsthilfegruppen in Ihrer Region und können Ihnen konkrete Empfehlungen geben. Oft finden Treffen sogar in den Räumen der Beratungsstellen statt.
Weitere Informationen finden Sie in unserem Artikel über Spielsucht Beratungsstellen.
3. Selbsthilfekontaktstellen
In jeder größeren Stadt gibt es Selbsthilfekontaktstellen, die über alle Selbsthilfegruppen vor Ort informieren:
- NAKOS (Nationale Kontakt- und Informationsstelle): nakos.de
4. Therapeuten und Kliniken
Wenn Sie bereits in Therapie sind oder eine stationäre Behandlung hinter sich haben, fragen Sie Ihren Therapeuten oder die Klinik nach Empfehlungen.
5. Online-Gruppen
Wenn Sie keine Gruppe in der Nähe finden oder zunächst anonym bleiben möchten:
- GA Online-Meetings: Es gibt deutschsprachige Online-Treffen per Zoom
- Foren und Chatrooms: Plattformen wie spielsucht-forum.de bieten Austausch rund um die Uhr
Selbsthilfegruppe und Therapie – Die ideale Kombination
Selbsthilfegruppen sind kein Ersatz für professionelle Therapie, sondern eine wertvolle Ergänzung. Die ideale Kombination sieht oft so aus:
Phase 1: Akutbehandlung
Zu Beginn steht oft eine ambulante oder stationäre Therapie, in der Sie die Grundlagen der Suchtbewältigung lernen. Mehr dazu finden Sie in unserem Artikel über Spielsucht Therapie und Behandlungsmöglichkeiten.
Parallel: Besuch einer Selbsthilfegruppe, um das Gelernte im Alltag umzusetzen und zusätzliche Unterstützung zu erhalten.
Phase 2: Nachsorge
Nach Abschluss der Therapie ist die Rückfallgefahr hoch. Selbsthilfegruppen bieten langfristige Unterstützung.
Regelmäßig: Wöchentliche Gruppentreffen als Rückfallprävention.
Phase 3: Langfristige Stabilität
Viele Betroffene besuchen auch nach Jahren noch regelmäßig Selbsthilfegruppen, um:
- Spielfreiheit zu sichern
- Anderen zu helfen (12. Schritt)
- Teil einer Gemeinschaft zu bleiben
Vorteile von Selbsthilfegruppen
- ✅ Kostenlos: Keine Therapiegebühren, keine Wartezeiten
- ✅ Flexibel: Keine Termine vereinbaren, einfach hingehen
- ✅ Anonym: Nur Vornamen, vollständige Diskretion
- ✅ Langfristig: Unbegrenzte Teilnahme möglich
- ✅ Praktische Alltagshilfe: Tipps von Menschen, die es geschafft haben
- ✅ Gemeinschaft: Sie sind nicht allein
- ✅ 24/7-Unterstützung: Telefonkontakte zu Gruppenmitgliedern
Mögliche Herausforderungen
Selbsthilfegruppen sind nicht für jeden perfekt. Einige mögliche Hürden:
- Gruppendynamik: Nicht jede Gruppe passt zu jedem. Probieren Sie mehrere aus.
- Spiritualität: Das 12-Schritte-Programm enthält spirituelle Elemente, die nicht jedem zusagen. Es gibt auch weltliche Interpretationen.
- Keine professionelle Anleitung: Bei komplexen psychischen Problemen (z.B. Depression, Trauma) reicht eine Selbsthilfegruppe allein nicht aus.
- Zeitliche Verpflichtung: Regelmäßige Teilnahme erfordert Disziplin.
Tipp: Wenn eine Gruppe nicht passt, heißt das nicht, dass Selbsthilfegruppen generell nichts für Sie sind. Suchen Sie weiter!
Praktische Tipps für den Erfolg in Selbsthilfegruppen
- Seien Sie regelmäßig dabei: Kontinuität ist der Schlüssel zum Erfolg.
- Öffnen Sie sich: Je ehrlicher Sie sind, desto mehr profitieren Sie.
- Hören Sie aktiv zu: Auch wenn andere sprechen, können Sie viel lernen.
- Tauschen Sie Nummern aus: In schwachen Momenten kann ein Anruf einen Rückfall verhindern.
- Übernehmen Sie Verantwortung: Kleine Aufgaben (Kaffee kochen, Raum aufräumen) stärken das Zugehörigkeitsgefühl.
- Seien Sie geduldig: Genesung braucht Zeit. Bleiben Sie dran, auch wenn es nicht sofort perfekt ist.
Zusammenfassung – Selbsthilfegruppen als Lebensretter
Selbsthilfegruppen wie die Anonymen Spieler sind ein unverzichtbarer Baustein auf dem Weg aus der Spielsucht. Sie bieten:
- Verständnis und Unterstützung von Menschen, die Ähnliches durchgemacht haben
- Eine Struktur und Gemeinschaft, die hilft, spielfrei zu bleiben
- Langfristige Begleitung – über Jahre hinweg
- Kostenlosen Zugang ohne Wartezeiten oder bürokratische Hürden
Der erste Schritt ist der schwerste, aber auch der wichtigste. Überwinden Sie Ihre Hemmschwelle, besuchen Sie ein Treffen und geben Sie sich die Chance, Teil einer Gemeinschaft zu werden, die Sie versteht und unterstützt.
Wichtige Kontakte:
- Anonyme Spieler Deutschland: anonyme-spieler.org
- BZgA-Beratungshotline: 0800 1 37 27 00 (kostenlos, anonym)
- Lokale Suchtberatungsstellen: Finden Sie Adressen über kommunale Gesundheitsämter
Sie sind nicht allein. Selbsthilfegruppen zeigen Ihnen: Der Weg aus der Spielsucht ist möglich – gemeinsam.


